Bildung + Gesellschaft

Was werten Studierende als wissenschaftliches Fehlverhalten?Die Arbeitsgruppe um Rodriquez von der Universität Wisconsin-Milwaukee hat 24 Studierende zu Betrug im Praktikum befragt.1) Als wissenschaftliches Fehlverhalten zählen die Studierenden beispielsweise Abschreiben des Laborbuchs oder Datenerfinden. Rodriquez und Team zufolge betrügen Studierende hauptsächlich aus Zeitmangel, um sich Arbeit zu sparen und um bessere Noten zu bekommen – und schreiben nicht deshalb ab, weil sie die Materie nicht verstehen.Einen Grafen weiterzugeben, wenn beide in der Partnerarbeit den gleichen Datensatz haben, hält je ein Drittel der Befragten für <link href="#nadc20244145341-fig-0001">Betrug, Grenzfall oder zulässig. In einem anderem hypothetischen Szenario lässt sich ein Experiment nicht reproduzieren und Studierende erfinden Daten, um eine bisher gute Gesamtnote zu halten. Über die Hälfte der Befragten wertet dies als Betrug, der Rest sieht es als Grenzfall. Die Studierenden sagen, Daten zu erfinden oder weiterzugeben, beeinflusse den Lernerfolg wenig – es käme auf die Auswertung an.<figure xml:id="nadc20244145341-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/6KGRHF8sQtOZRwuWal7l"><figcaption><label>Abb.1: </label>Foto: J Bettencourt/<a href="https://peopleimages.com" target="_blank">peopleimages.com</a> / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>Frank Tambornino<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244145341-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244145341-bib-0001">1 JACS Au, doi: <accessionid ref="info:doi/10.1021/jacsau.4c00227">10.1021/jacsau.4c00227</accessionid></li></ul>

Artikel

Betrügen im Praktikum

Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

<h2 type="main">Chemiker:innen im Ausland</h2>Im Jahr 1971 hatte die Task Force on Interchange of Scientists in England die Mobilität von Wissenschaftlern untersucht. Die Nachrichten aus Chemie und Technik kommentierten die Ergebnisse: „Der Jet-Set-Schein des von Kongreß zu Kongreß eilenden Wissenschaftlers trügt. […] ungern läßt er sich für längere Zeit in Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik einen anderen als den heimatlichen Wind um die Nase wehen.“ Zitiert wurde zudem die Frankfurter Allgemeine Zeitung:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/s2Dz0eK7SbiFSKcn3Ayo">Heute sieht das anders aus: Der Studie More-3 zufolge absolvierten zehn Prozent der deutschen Promovierenden einen Auslandsaufenthalt von drei Monaten oder länger. Unter den promovierten Wissenschaftler:innen waren es 33 Prozent.Noch mehr Erstaunliches aus den Blauen Blättern von anno dazumal lesen Sie in der GDCh-App: <url href="http://gdch.app/category/vor-50-jahren"><a href="https://gdch.app/category/vor-50-jahren" target="_blank">gdch.app/category/vor-50-jahren</a></url>

Meldung

Chemiker:innen im Ausland

Hochverarbeitete Lebensmittel &ndash; es spricht vieles f&uuml;r sie, es gibt aber auch gute Gr&uuml;nde, vorsichtig zu sein. Sascha Rohn, Professor f&uuml;r Lebensmittelchemie und Analytik, &uuml;bernimmt bei diesem Pro &amp; Contra nacheinander sowohl die Rolle des F&uuml;rsprechers als auch die des Mahners.
Die Be- und Verarbeitung von Lebensmitteln verbessert N&auml;hrstoffprofile und minimiert hygienische Risiken.
Pflanzliche und tierische Rohstoffe k&ouml;nnen durch Erhitzen, traditionelle Techniken zur Haltbarmachung wie Trocknen oder Fermentieren oder durch moderne Verfahren wie Hochdruck schmackhafter und gleichzeitig sicherer gemacht werden. Nach wie vor sind vor allem mikrobiologische Risiken nicht zu untersch&auml;tzen, f&uuml;hren sie doch zu Infektionskrankheiten und in schlimmen F&auml;llen sogar zum Tod. Pathogene Mikroorganismen wie Salmonellen, Listerien, Campylobacter, enteropathogene Escherichia-Coli-Varianten wie ETEC und EHEC, aber auch Viren wie Noro- oder Rotavirus oder Parasiten m&uuml;ssen unsch&auml;dlich gemacht werden, bevor ihre Zellbestandteile oder Exotoxine den menschlichen Organismus sch&auml;digen. Traditionelles Erhitzen in Form von Kochen, Braten oder Backen hat mikrobiologische Risiken signifikant reduziert.
Lebensmittelhaltbarmachung war damit eindeutig ein Faktor f&uuml;r die stetig steigende durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in den letzten Jahrhunderten. Dabei sind auch verschiedene Lebensmittelzusatzstoffe von eindeutigem Nutzen. Oftmals lassen sich die Sorgen und &Auml;ngste der Verbrauchenden vor Zusatzstoffen nicht nachvollziehen, sind doch Zusatzstoffe H&ouml;chstmengenregelungen unterworfen und ihre Zulassung in langen Verfahren mit intensiver Risikobewertung im europ&auml;ischen Lebensmittelrecht geregelt.
Be- und Verarbeitung f&uuml;hren zu einer Vielzahl neuer Lebensmittelprodukte. Die Breite des Warenangebots dient nicht nur der Ern&auml;hrungsvielfalt, sie reduziert auch das Risiko ausgehend von einzelnen Lebensmitteln oder Lebensmittelinhaltsstoffen sowie R&uuml;ckst&auml;nden und Kontaminanten. Neue schonende, nicht-thermische Techniken ver&auml;ndern Lebensmittelinhaltsstoffe nicht mehr so stark, bei gleichzeitiger Lebensmittelhaltbarmachung. Dies h&auml;lt die Konzentration labiler Inhaltsstoffe wie Vitamine oder essenzielle Amino- oder Fetts&auml;uren aufrecht. Auch diese Verfahren m&uuml;ssen vom europ&auml;ischen Lebensmittelrecht zugelassen werden.
Durch Lebensmittelbe- und -verarbeitung kann bisweilen die Bioverf&uuml;gbarkeit, also die intestinale Aufnahme in den Organismus, und die biologische Wirksamkeit erh&ouml;ht werden. So gilt stark konzentriertes Tomatenmark als besonders reich an Lycopin, einem Carotinoid, das in einigen Ern&auml;hrungsstudien zu einem reduzierten Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Prostatakrebs f&uuml;hrte. Wenngleich im Gegenteil teils Zusammenh&auml;nge zwischen dem Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel und dem Auftreten ern&auml;hrungsmitbedingter Erkrankungen gezeigt wurden, bleibt die Frage nach den grundlegenden Ursachen &ndash; den biologischen Mechanismen &ndash; dieser Zusammenh&auml;nge jedoch offen. Die seit einigen Jahren h&auml;ufig in Studien angewendeten Systeme zur Klassifizierung von Lebensmitteln in stark oder weniger stark verarbeitete Lebensmittel ber&uuml;cksichtigen die gesamte Lebensmittelzusammensetzung unzureichend. Verarbeitungsziele wie Ern&auml;hrungssicherung, klima- und umweltgerechte Ressourcennutzung werden bisher kaum ber&uuml;cksichtigt. Im Zusammenhang mit stark verarbeiteten Lebensmitteln diskutiert werden unter anderem Energiedichte, Lebensmittelstruktur und -matrix, Prozesskontaminanten und Zusatzstoffe &ndash; teils kombiniert mit Gesundheitsrisiken. Um diese differenziert zu verstehen, sind mehrere Dinge unabdingbar: einheitliche Kriterien, valide Erhebungsinstrumente und die Durchf&uuml;hrung weiterer Studien, insbesondere Interventionsstudien.
Wie Ern&auml;hrungsstudien zeigen, kann ein hoher Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln das Entstehen ern&auml;hrungsmitbedingter Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Adipositas, Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen f&ouml;rdern.
Als Hauptrisikofaktoren f&uuml;r ern&auml;hrungsmitbedingte Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Adipositas, Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen gelten &Uuml;bergewicht sowie &uuml;berm&auml;&szlig;ige Energiezufuhr. Dar&uuml;ber hinaus ist ein hoher Konsum ges&auml;ttigter Fett- und Transfetts&auml;uren sowie von Zucker und Salz nachteilig.
In den letzten Jahren wird ein m&ouml;glicher Zusammenhang zwischen dem regelm&auml;&szlig;igen Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und den genannten ern&auml;hrungsmitbedingten Erkrankungen postuliert. In einer systematischen Literaturrecherche der Deutschen Gesellschaft f&uuml;r Ern&auml;hrung zur Aufbereitung des aktuellen Forschungsstands f&uuml;r den 15. DGE-Ern&auml;hrungsbericht wurde anhand von 37 publizierten Ern&auml;hrungsstudien ein Zusammenhang zwischen dem hohen Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und den Endpunkten Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas/&Uuml;bergewicht und Herz-Kreislauferkrankungen best&auml;tigt.
Diese stark verarbeiteten Lebensmittel weisen oft hohe Mengen an Zucker, Fett und Salz und zugleich geringe Mengen an Mikron&auml;hrstoffen und somit eine hohe Energiedichte auf. Die Verarbeitung ver&auml;ndert die Lebensmittelmatrix und f&uuml;hrt in der Regel zu einem geringeren Anteil an Ballaststoffen. Daneben ist die h&ouml;here Schmackhaftigkeit verantwortlich f&uuml;r den Eintrag einer hohen Energiemenge bei geringem Zeitaufwand f&uuml;r das Kauen und letztlich auch schneller Resorption der N&auml;hrstoffe. Im Besonderen steigen Blutglucose- und Fetts&auml;urespiegel stark an, was folglich das Risiko f&uuml;r Typ-2-Diabetes und Adipositas erh&ouml;ht. Insgesamt wird durch solche Produkte sehr viel mehr Energie pro Zeiteinheit verzehrt, noch bevor physiologische S&auml;ttigungsmechanismen greifen k&ouml;nnen. Entsprechend ist ein hoher, regelm&auml;&szlig;iger Verzehr von Lebensmitteln mit solchen ung&uuml;nstigen N&auml;hrstoffprofilen nicht zu empfehlen.
Starke Lebensmittelprozessierung stellt auch ein Risiko f&uuml;r die Entstehung von Prozesskontaminanten dar. Immer wieder werden neue Verbindungen gefunden, die im Lebensmittelprozess als unerw&uuml;nschtes Nebenprodukt entstehen. Ein bekanntes Beispiel ist Acrylamid, das sich bei starkem Erhitzen von Lebensmitteln und hohem Gehalt an bestimmten Aminos&auml;uren, vor allem Asparagin, sowie bestimmten Zuckerarten wie Glucose und Fructose als Nebenprodukt der Maillard-Reaktion bildet. Es entsteht vor allem in fetterhitzten Kartoffelerzeugnissen wie in Kartoffelchips und Pommes frites, aber auch in zahlreichen Backwaren. In ger&ouml;steten Produkten wie Kaffee ist es ebenso regelm&auml;&szlig;ig nachweisbar wie die Prozesskontaminante Furan. Fetts&auml;ureester von 2- und 3-Monochlorpropandiol (2- und 3-MCPD) sind ebenfalls unerw&uuml;nschte Stoffe, die vor allem in pflanzlichen &Ouml;len und Fetten aus nat&uuml;rlichen Inhaltsstoffen gebildet werden.
Um das gesundheitliche Risiko solcher Produkte bewerten zu k&ouml;nnen, wurden in den letzten Jahren Kategorisierungssysteme entwickelt. Dabei werden Aspekte wie die der Ver&auml;nderung der Matrix eines Lebensmittels oder die Verwendung von Zusatzstoffen adressiert, auch im Hinblick auf die Haltbarkeit dieser Produkte. Das bekannteste Kategorisierungssystem ist dabei das Nova-System (nova: portugiesisch f&uuml;r neu), welches alle industriell verarbeiteten Lebensmittel in insgesamt vier Kategorien gruppiert, je nach Grad der Verarbeitung und der Verwendung von Zutaten und Zusatzstoffen (I nicht/wenig verarbeitet; II verarbeitete haushalts&uuml;bliche Zutaten; III verarbeitet; IV stark verarbeitet). Entsprechend des Grads ihrer Verarbeitung lassen sich dann anhand dieser Kategorien Ern&auml;hrungsempfehlungen ableiten.
<h2 type="main">Der Autor</h2>
Sascha Rohn ist Professor f&uuml;r Lebensmittelchemie und Analytik an der TU Berlin.&nbsp;<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/x3two5HWRbuoc2yhN7qX" width="230" height="173">Seine Arbeitsgruppe besch&auml;ftigt sich mit der Stabilit&auml;t und Reaktivit&auml;t von Lebensmittelinhaltsstoffen bei der Be- und Verarbeitung pflanzlicher Lebens- und Futtermittel. Er ist in etlichen Gremien und Verb&auml;nden aktiv, etwa als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Max-Rubner-Instituts, Mitglied des Pr&auml;sidiums der Deutschen Gesellschaft f&uuml;r Ern&auml;hrung, der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission und des Bundesverbands der Lebensmittelchemiker/-innen im &ouml;ffentlichen Dienst.
Die Rubrik Pro&amp;Contra koordinieren Dieter Kunz und Helmut Ritter von der GDCh-Fachgruppe Seniorexperten Chemie.

Pro & Contra Hochverarbeitete Lebensmittel

Schokolade kann noch besser

In einem Beratungsgespräch erzählt mir Postdoktorand Daniel von seiner Chefin: „Als Wissenschaftlerin, Führungskraft und Mensch ist sie klasse. Doch scheint sie ein paar blinde Flecken zu haben, wenn es um kulturelle Unterschiede geht, das führt oft zu Frustrationen.” Als Beispiel führt er an, wie die Professorin vor versammelter Mannschaft eine chinesische Doktorandin eine halbe Stunde zu deren Projekt befragt hat. Vermutlich wollte die Chefin Interesse zeigen und gemeinsam Lösungen für die wissenschaftlichen Probleme finden. Der Ton war sachlich, doch das beharrliche Nachfragen vor der Gruppen empfand die Doktorandin als Gesichtsverlust: „Später stand sie zitternd an ihrem Arbeitsplatz, mit Tränen in den Augen.” Vergeblich bot Daniel ihr an, darüber zu sprechen. „Bin ich verpflichtet, meine Kollegin stärker zu unterstützen, muss ich vielleicht sogar mit unserer Chefin sprechen?”Es ist sympathisch, wie sehr er nebst der Wissenschaft auf zwischenmenschlicher Ebene mitdenkt. Allerdings fühlen sich Menschen mit einem so vielschichtigen Bewusstsein oft von ihrem Pflichtgefühl erdrückt. Wie weit geht unsere Verantwortung als Chefin, Kollege oder Mitarbeiterin?„Was stünde in Ihrer Stellenbeschreibung,“ will ich wissen, „wenn diese wirklich gewissenhaft formuliert wäre und nicht nur als bürokratische Pflichtübung ausgefüllt wurde?” Darin stünde, dass Sie sich Ihren Kolleg:innen und Vorgesetzten gegenüber konstruktiv verhalten sollen. Als Coach oder Berater für Ihre Chefin aufzutreten stünde nicht darin. Diese Erkenntnis kann Ihnen diese schwierige Entscheidung erleichtern: Sie können, müssen Ihre Chefin aber nicht auf deren Schwachstellen hinweisen. Wenn Sie es tun, ist das redlich und lobenswert, und Sie können stolz auf sich sein. Sie sollten hingegen nachsichtig mit sich sein, wenn Sie Ihr Soll nicht immer übererfüllen: Sie sind vor allem Ihren Kernaufgaben und Ihrer mentalen Gesundheit verpflichtet.Dieses Wissen können Sie nicht nur auf Fragen rund um Ihre Pflichten anwenden, sondern auch auf Ihre Rechte. Etwa wenn Sie überlegen, ob es in Ordnung ist, dass Sie sich für Ihre berufliche Weiterentwicklung und ein abwechslungsreiches Aufgabenspektrum einsetzen. Die Antwort wird Ihnen jetzt leicht fallen: Ja, natürlich ist das in Ordnung. Sie sind kein Roboter, sondern eine hoch qualifizierte Fachkraft, die sich durch lebenslanges Lernen fit halten sollte – eine klare Kernaufgabe Ihres Aufgabenprofils.Der promovierte Chemiker Philipp Gramlich ist Mitgründer von Natural Science Careers, einem Unternehmen für Karriereberatung und Soft-Skill-Seminare für Naturwissenschaftler:innen. Für die Nachrichten aus der Chemie schreibt er über Beobachtungen aus seiner Beratungstätigkeit. <a href="mailto:p.gramlich@naturalscience.careers">p.gramlich@naturalscience.careers</a>

Kategorie

Bildung + Gesellschaft

Artikel

Betrügen im Praktikum

Meldung

Chemiker:innen im Ausland

Artikel

Pro & Contra Hochverarbeitete Lebensmittel

Artikel

Schokolade kann noch besser

Karrierekolumne

Die hypothetische Stellenbeschreibung

Artikel

Milch oder nicht?